Der
laufende Hund
Die
Arbeiten der Konzept- und Videokünstlerin Birthe Blauth hinterfragen
unsere Wahrnehmung der Realität und unsere Vorstellungen von der
Realität. In der Ausstellung im apartment of art zeigt sie neue
Arbeiten, die sie 2014 – 2015 entwickelt hat.
Die
animierte Videoarbeit „Merry-go-round“
beschäftigt sich mit der Konstruktion von Realität durch Worte. Die
Kamera kreist endlos in einem digital konstruierten Zimmer ohne
Eingang. Es ist ein Büro mit einer eigenartigen Ordnung oder
Unordnung, einer absurden Zusammenstellung von Dingen. Oben und unten
endet das Zimmer wie abgerissen in einer grauen Fläche. Einem
plötzlichen Ende der Realität? Oder ist das die Realität und wir
ignorieren sie? Die Dinge im Zimmer werden durch Benennungen betont,
geordnet, hervorgehoben, - real? Jedoch die Benennungen und
Kategorien ändern sich mit jeder Runde. Und je mehr benannt wird,
desto weniger wird das Zimmer - die Realität? -, wahrgenommen. Am
Ende sind es nur noch Namen, die Bilder machen wir selber. Und
während der ganzen Zeit spielt ein Leierkasten immer dieselbe
Melodie, leicht verstimmt, nicht im Takt und manchmal lächerlich
falsch.
Die
Installation „Tee
mit Madeleine“
nimmt Bezug auf die Madeleine-Episode in Marcel Prousts „Auf der
Suche nach der verlorenen Zeit“, in der der Erzähler durch den
Geschmack eines in Lindenblütentee getauchten Madeleine-Gebäcks in
eine bislang vergessene Episode seiner Vergangenheit katapultiert
wird. Wir erleben nie nur die momentane Gegenwart. Alles, was wir
sehen, hören, riechen, schmecken, holt Bruchstücke der
Vergangenheit hervor, die unser Erleben und unseren Blick auf die
Gegenwart und momentane Realität verändern. Derselbe Auslöser
bringt jedem Menschen andere Relikte. In einer Unterhaltung beim Tee,
die als Soundinstallation zu hören ist, werden den beiden
Gesprächspartnern jeweils dieselben Stichworte gegeben. Beide
driften damit in völlig unterschiedliche Welten, treffen sich kurz
beim nächsten Stichwort und trennen sich wieder.
Die
Bilder aus der Serie „Moments“
stellen die Gleichzeitigkeit und gegenseitige Durchdringung mehrerer
Zeitebenen in unserem Erleben dar. Die Bilder erinnern an
Traumbilder, die wir noch träumend als real empfinden, im
Wachzustand als unrealistisch verwerfen, da wir die Realität der
Vermengung mehrerer Zeiten in unserem gegenwärtigen Erleben
ignorieren.
Die
Wandarbeit „Der
laufende Hund“
bindet die Arbeiten inhaltlich zusammen. Das rund um den Raum
laufende Ornament, die runde Variante des Mäanders, war besonders in
der griechischen Antike beliebt. Es symbolisiert die Ewigkeit, die
Wiederholung des immer Gleichen nur an anderer Zeitposition.
Vielleicht ändert sich die Position auch nicht. Vielleicht läuft
alles rund. Immer gleich mit kleinen Volten, so dass man es nicht
bemerkt. Labyrinth und Ewigkeit zugleich. Immer dieselbe unnahbare
Realität. Durch Worte erschaffen, verändert, versteckt,
konstruiert, strukturiert. Und ohne Worte? Nur ein rundum den Raum
laufender Hund.
Arbeiten
in der Ausstellung:
Merry-go-round,
2015, animiertes Video, 13:39 Min., gezeigt als Beamerprojektion.
Tee
mit Madeleine, 2015, Soundinstallation, Dauer ca. 10 – 15 Min..
Installation besteht aus: Tisch mit einer Kanne Lindenblütentee und
zwei Tassen, Madeleinegebäck, zwei Hocker, zwei Kopfhörer.
Dialogstimme 1 rechtes Ohr, Dialogstimme 2 linkes Ohr.
Moments,
2015, zwei Bilder aus der Serie, 120 x 70 cm, Fine Art Prints auf
Bütten 140 x 90 cm
Der
laufende Hund, 2015, 17 x 2100 cm, Ornamentband als Wandtatoo unter
der Decke umlaufend.