Von der Kollektivierung zur Transmission ; Der Künstler als Transmitter

Von Sun Li-Chuan für Lars Koepsel


Von der Kollektivierung zur Transmission

Der Künstler als Transmitter


Der Baum hat traditionell in vielen Kulturen, sowohl des Ostens wie auch des Westens, Symbolfunktion. als Symbol für Leben, Weisheit und spirituelle Kraft galt er als Mittler zwischen Natur (oftmals auch in göttlicher Hinsicht) und Mensch. In diesem Sinne bildeten beispielsweise bestimmte Bäume in Wäldern, Dörfern oder auch Städten, Treffpunkte zur Zelebration ritueller und auch andere wichtiger Handlungen für das Gemeinwesen.
Dieser rituelle Charakter begleitet auch die jeweilige Entstehung der KOMM-Beschriftungen von Lars Koepsel.


Die Arbeit im Aspekt ihrer offenen Position

Hinter der vordergründigen Bedeutung des Wortes KOMM verbirgt sich noch eine weiter, die der Zurückhaltung und der Bescheidenheit. Ein wesentlicher Faktor dafür findet sich in der Tatsache der Vergänglichkeit dieser Arbeit. Da die Beschriftungen mit durchweg umweltverträglichen Materialien ausgeführt sind, verbleibt sozusagen die Kompetenz über die Zurücknahme im natürlichen Kreislauf.
In diesem Fall kann man sagen, die natürlichen Begebenheiten der Natur werden respektiert und der Kreierende nimmt sich stark zurück. Der willentliche Akt des Schaffenden ist maximal reduziert. Die Erhabenheit des Subjekts, hier des Baumes und die Bescheidenheit des Künstlers zeigen sich in dieser Arbeitsweise sehr deutlich. Kunst auf diesem Weg in die Öffentlichkeit zu bringen entbehrt folglich jeder oberflächlichen Aufdringlichkeit.
Lars Koepsel entscheidet sich bewußt für diese Position. Im Gegensatz zu traditionellen Positionen von Kunst im öffentlichen Raum, deren Werke leider nur zu oft einem rein dekorativen Zweck dienen und von vordergründiger Präsenz leben und getragen sind, erscheint es ihm in diesem Kontext wichtiger eine offene Arbeit und so auch einen offenen Raum zu kreieren, in dem der Rezipient spontan und unbedrängt die Möglichkeit hat, sich von eigener Empfindung leiten zu lassen.


Das Projekt aus dem Blickwinkel seiner rituellen Charakteristika

Ein Bestandteil dieses Projektes ist die ununterbrochene Wiederholung der Beschriftung. Dieser immer wiederkehrende monotone Arbeitsablauf, der sich oft über Tage hinzieht, läßt Parallelen zum Singen buddistischer Mantras und auch anderer Gebetsriten erkennen. Gleich einem meditierenden Mönch ist dies für Lars Koepsel in seiner Arbeit (wobei ich auch ausdrücklich auf sein "MOON-Project" verweisen möchte, in dem dieser Aspekt gleichfalls eine tragende Rolle einnimmt) zu einem im Alltag fest integriertem Ritual geworden. Das Kraftfeld der Natur wird zum Ort, an dem er seine gleichsam durch einen liturgischen Charakter geprägte Zeremonie ausführt.
Setzt man dies in Relation zu dem, was Natur in der jüngsten Entwicklung an spirituellem Stellenwert einnahm, so zielt diese Arbeit darauf einen kontemplativen Prozeß wiederzubeleben, der einerseits eine Art der inneren Sammlung versinnbildlicht und andererseits eine sich selbst aktivierende geistige Entwicklung auslöst. Hier wirkt Kunst katalytisch, denn sie versteht auf diesem scheinbaren Umweg fast unmerklich aber langsam und stetig die fast vergessenen Aspekte, östlicher Naturphilosophie wieder zu ihrem Ursprung zurückzuführen.
Mit diesem nach außen hin durch große Konzentration wirkenden Arbeitsprozeß kehrt über das natürliche Umfeld ein substantieller Bestandteil zurück, um das zeitgenössische urbane Leben auf einer sehr ursprünglichen Ebene von neuem zu bereichern.


Die Utopie

Die "Second Generation" ist der weiterführende Ansatz von einer zukünftigen, gesellschaftlich motivierten Utopie des KOMM - Projektes, die auf der Ausgeglichenheit von Verantwortung beruht. Dadurch, daß Lars Koepsel zum geeigneten Zeitpunkt seine Kompetenz abgibt, fließt die Verantwortung zum Rezipienten.
Die Samen der ehemaligen KOMM-Bäume werden gesammelt, aufgezogen und an Menschen die dieses Projekt ideel und praktisch unterstützen möchten, verschenkt. Hiemit bleibt die Arbeit auch auf ihrer physischen Ebene erhalten. Mit dem neuerlichen Einpflanzen der zweiten Generation, irgendwo auf der Welt, schließt sich der Kreislauf und die Arbeit kehrt zu ihrem Ausgangspunkt zurück.
Die Untrennbarkeit der verschiedenen Komponenten, die im Konzept von Lars Koepsel einen sehr hohen Stellenwert einnimmt, findet ihren schlüssigen Ausdruck in einer, in diesem Maße seltenen, ganzheitlich komplexen Umsetzung


Sun LI-Chuan
Dimension Endowment of Art