The Hiding Song

Von Lars Koepsel für Liu Chih-Hung (劉致宏)

„Ich lebe am Fluß. In Taipei. Meine Isar ist der Danshui“, sagt Liu Chih-Hung.

Bevor Liu Chih-Hung nach München kam, sah er sich zunächst die Karte der Stadt an und was er zuerst sah, war der Fluß. „Ein Fluß! Wie bei mir zu Hause!“, das war seine erste Verbindung, der erste Nährstoff für seine Vorstellung. Wenn wir für eine Zeit in die Fremde gehen, reist uns unsere Imagination voraus.

Die Vorstellung, und an was sie sich festmacht, aber nicht unbedingt realisiert, darum geht es in der Installation THE HIDING SONG im Apartment der Kunst. Am ersten Tag seiner Ankunft in München steht er an der Isar. Auf der Brücke hinter der Praterinsel. Der Fluß ist eine Überraschung für ihn. Menschen die baden, grillen, spielen, Musik hören. So gar nicht wie das Leben an seinem Fluß zu Hause. Und das Licht ist nicht vertraut. Daher ist ein wichtiges Element in Liu Chih-Hung’s Ausstellung die Jalousie. Mit ihr kann man so viele Variationen von Licht und Schatten erzeugen, die wirkliche Welt draußen lassen und der Vorstellung Raum geben.

Nur, das was man sieht ist ja auch nicht frei von Mutmaßung. Liu versucht mehr über den Fluß zu erfahren. Das Netz führt ihn zu dem alten Willy Michl Song - Isarflimmern. Halb bayrisch halb hochdeutsch.

Der Google Übersetzter von bayrisch-deutsch zu englisch nimmt den Text in die Mangel, das Übrige und die folgende Übersetzung von englisch zu chinesisch gibt dem Text den Rest!….und doch, einige Elemente, sprachliche und auch lautmalerische korrelieren wiederum mit Liu’s romantischer Imagination.

In der Wirklichkeit geht er in den Supermarkt um Lebensmittel einzukaufen und das was ihm am häufigsten ins Auge springt ist Brot. So viele verschiedene Brote. Überall Brot. Brot und Isarflimmern verschmelzen in der Ausstellung zu der sehr lustigen Arbeit the talking bread bei der ein großes Brot mit der Stimme von Liu Chih-Hung dem Besucher versucht das Isarflimmern näher zu bringen.

Zwischenfrage: Wie schafft man es während eines A I R in 2 Monaten eine innere Beziehung herzustellen zwischen dem Daheim und dem Hier?

Realität <——> Imagination?

„Immer dieses Isarflimmern, dieses Lied, immer „nur“ die Vorstellung. Jetzt muss aber mal was Reelles ans Licht kommen“, denkt sich Liu. Er wandert an der Isar entlang und zeichnet sie. Die Landschaft, die Fundstücke, die Steine, die Brücken etc. Bei den Steinen bleibt er hängen. Sie sind so typisch, für den Fluss, so wirklich, so wahr (so überall,… wie das Brot). Nunmehr beginnt er die Steine aus Ton zu formen, ganz nach Gefühl, Haptik und persönlicher Ästhetik und ist endlich ganz zu Hause in seiner VORSTELLUNG.