Sophie Schmidt

*1986 in Starnberg, lebt und arbeitet in München 

Sophie Schmidt, geboren 1986 in München, studierte Philosophie und Neuere Deutsche Literatur an der LMU München sowie freie Kunst und Kunstpädagogik an der Akademie der bildenden Künste München. 2016/2017 schloss sie ihr Studium bei Prof. Stephan Huber und Stephan Dillemuth mit dem Diplom als Meisterschülerin und dem Staatsexamen ab und erhielt dafür den Debütantenpreis des Bayerischen Staatsministeriums für Forschung, Wissenschaft und Kunst. Für den Kunstpädagogikabschluss wurde sie 2016 mit dem Examenspreis der Stiftung Kunstakademie München ausgezeichnet. 2017 bis 2018 folgte ein einjähriges Stipendium an der Van Eyck Academie in Maastricht, NL. 2020 war sie Stipendiatin der Stiftung Kunstfonds und 2021 erhält sie das Stipendium des Deutsches Studienzentrum in Venedig.

Sophie Schmidt wird seit ihrem Studium zu zahlreichen nationalen und internationalen Gruppenausstellungen eingeladen. Folgende Einzelausstellungen realisierte sie in der jüngeren Zeit, immer begleitet von Performances: 2021 Galerie Tobias Naehring Berlin, 2020 Galerie Tobias Naehring, Leipzig; KNUSTxKUNZ+, sowie fructa space, beide in München; 2019 Josilda da Conceicao Gallery, Amsterdam, NL; 2017 Tanja Pol Galerie, München. Ihre Ausstellungstätigkeit wird von zahlreichen Publikationen begleitet.

Seit 2020 ist Sophie Schmidt mit Angela Stiegler, Nikolai Gümbel und Samuel Fischer-Glaser Teil des Operkollektives DIVA.


  

Masterstudium Kunst und Vermittlung, Akademie der Bildenden Künste München, Prof. Stephan Dillemuth, Master of Arts 2020
Studium der Kontextuellen Malerei und Performance-Kunst, Akademie der Bildenden Künste Wien, Prof. Hans Scheirl und Prof. Carola Dertnig

2011-2016 Studium der Kunsterziehung, Akademie der Bildenden Künste München, Prof. Stephan Dillemuth, Staatsexamen 2016
2010-2017 Studium der Bildhauerei, Akademie der Bildenden Künste München, Prof. Stephan Huber, Diplom 2017

2008-2011 Studium der Philosophie und Neueren Deutschen Literatur, Ludwig-Maximilians- Universität München

Stipendien / Preise

2021 Residency, Taipei Residency Program, Taipei Artist Village, Taipeh, TWN

Kunststipendium, Deutsches Studienzentrum in Venedig, Venedig, IT
2020 Arbeitsstipendium A1, Stiftung Kunstfonds, Bonn, DE
2019 LINK 2 FUTURE, Förderpreis des psychoanalytischen Seminars Zürich (PSZ), Zürich, CH

Nominierung, ars viva 2020, Kulturpreis der deutschen Wirtschaft
2019-2021 Atelierstipendium des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst 

2017-2018 Kunststipendium, Jan Van Eyck Academie Maastricht, NL
2017 Debütantenpreis des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst

Buchförderung der LFA Förderbank Bayern

Kunstclub 13 München, Nominierung und Publikumspreis 2016 Examenspreis, Stiftung Kunstakademie München

Einzelausstellungen
2021 How much Venice water do you carry in your legs, still? And how much Taipei water do you

feel in the fields, now? Taipei Artist Village, Taipei, TWN 2020 Knieberge, Galerie Tobias Naehring, Leipzig, DE

One last glory of the legs, KNUSTxKUNZ+, München, DE
Female for Future, Hubert Burda Media, München, DE
Da warf sie ihre Zunge raus, es gab keinen schöneren Vorhang,
Eine Oper über die Tragik des menschlichen Körpers, fructa space, München, DE

2019 Und so vieles wurde unnötig: Die Beine, die Arme, nachtspeicher23, Hamburg, DE It Might Change, Josilda da Conceicao Gallery, Amsterdam, NL

2017 Gurkenfresserzahnung vor der Urmuttermilchlegung, Galerie Tanja Pol, München, DE Bauchigungen, Galerie Tanja Pol, München, DE

Gruppenausstellungen (Auswahl)
2020 K 60, Wilhelm Hallen, Berlin, DE

Moments Of Clarity Are So Rare, Galerie Tobias Naehring, Leipzig, DE

A Quest For Lasting Values, Galerie Tobias Naehring, Leipzig, DE 2019 Point of no return, Kunstarkaden, München, DE

Der Rausch, Art et Amicitiae, Amsterdam, NL
Super BOOKS, Haus der Kunst, München, DE
Die ersten Jahre der Professionalität, Galerie der Künstler, München, DE

2018 Preview 2019, nachtspeicher 23, Hamburg, DE
Nasenlochnarben und Zonenglühen, Third Anniversary of Chalton Gallery, Chalton Gallery, London, GB
Open Studios, Jan van Eyck Academie, Maastricht, NL
Malevolent Eldritch Shrieking, Attercliffe, Sheffield, GB

2017 Beta, Caradura, Mexico City, MEX Show 14, Easy Upstream, München, DE

Performances / Vorträge / Workshops (Auswahl)
2021 „Über die Tragik des menschlichen Körpers“ Online Buchpräsentation bei Hammann von Mier

Verlag München, München, DE
2020 Die Beschneiung des Vesuvs, eine Tischung, Opernperformance mit dem Opernkollektiv DIVA:

Sophie Schmidt, Angela Stiegler, Samuel Fischer-Glaser, Nikolai Gümbel, Lili König, K 2020 This house is not a home, Lothringer 13 Halle, München, DE
Rooms of Now #5, Performance in Kooperation mit Vleeshal, Middelburg, NL
Sans Souci: Erster Akt der Oper „Über Tragik des menschlichen Körpers“, Opernkollektiv DIVA, Sophie Schmidt, Angela Stiegler, Samuel Fischer-Glaser, Nikolai Gümbel, Quirin Brunnmeier, fructa space, München, DE

2019 Wet Lounge #1, Lecture-Performance, TENT Rotterdam, Rotterdam, NL
2018 Leib lesen lernen – Nasenlochnarben und Zonenglühen. Mit der Trennungsüberwindungsprothese

zum Tausendlüngler, Lecture-Performance und Vortrag im Rahmen der Tagung: Lektüre. Bilder vom Lesen – Vom Lesen der Bilder, Evangelische Akademie Tutzing, Tutzing, DE
Learning to Walk: Künstliche Intelligenz und Körper, Performance, Kunstverein München, München, DE

2016 Mückengymnastik, Lecture-Performance, Cabaret Voltaire, Zunfthaus Voltaire Manifesta 11, Zürich, CH

2015 Uncanny bodies – Imagetanz. Festival für Choreographie, Performance und unheimliche Körper, brut Wien, Künstlerhaus am Karlsplatz, Wien, AT
Lungenfüßler, Performance, Anatomiesaal der Akademie der Bildenden Künste Wien, Wien, AT

Publikationen / Künstlerinnenbücher
2021 Beitrag in: 1/21 // Künstlerin im Heft , aviso-Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst in Bayern

Beitrag in: Dioden, wie es Nacht (vierhändig) Gedichte, Nora Zapf, parasitenpresse 2020 Sophie Schmidt Knieberge, KubaParis, Zeitschrift für junge Kunst

Über die Tragik des menschlichen Körpers – Eine Oper in fünf Akten, Hammann von Mier Verlag München
Point of no return, Olga Wiedenhöft, Luisa Koch, Sophie Schmidt, Hrsg. Kulturreferat München Beitrag in: [kon] paper, No.7-Haut, Magazin für Literatur und Kultur

Beitrag in: Körperkreativitäten, Gesellschaftliche Aushandlungen mit dem menschlichen Körper, Hrsg. Angela Treiber und Rainer Wenrich, transcript Verlag
Beitrag in: Utopien, Kunst + Unterricht Nr. 443/444 2020

2019 Sophia Mainka und Sophie Schmidt: Nachrichten im Künstlerinnenprekariat, veröffentlicht von Wepsert Crew, Blog, gepflegte Hysterie & feministischer Diskurs

2018 Beitrag mit Zeichenserie in: Wat ben ik meer dan stilte, Roos van Rijswijk, publiziert anlässlich der Open Studios 2018, Van Eyck Academie, Maastricht

2017 Nur kurz zur Übersicht, Monographie, veröffentlicht anlässlich der Debütantenausstellung 2017, Lothringer 13 Halle, München

2016 Anmerkungen zu den Körperfunktionen – Vom Lungenfüßler zum Tausendlüngler, Künstlerinnenbuch

Beitrag in: [kon] Paper, No.3: Spiel, Magazin für Literatur und Kultur.

Artist Statement:

Prothesen als künstlerische Weitungen – Ein Fühler für konkretes Fühlen
In meiner künstlerischen Arbeit gehe ich vom Körper aus, einem Körper, der sich öffnet und verbindet. Dabei spielt die Prothese als Körperweitung eine zentrale Rolle. Ich baue Prothesen, Körperweitungen und Transformationsmaschinen und verbinde sie mit Malerei, Zeichnung und Text. In all diesen Medien entstehen hybride, prothetische Körper, es entstehen Cyborgs, wobei ich hier gerne den Begriff „die Cyborg“ (Cyborg-Manifest, 1985) von Donna Haraway verwenden möchte.

Die prothetische Erweiterung des Körpers über die Grenzen seiner Haut hinaus bedeutet für mich immer eine Verwicklung, Verbindung und Einfühlung im Sinne von Körperweitung. Ich spreche dabei bewusst von Körperweitung anstelle von Körpererweiterung, um mit dem Leistungsvorhaben von üblichen Prothesen zu brechen. Dementsprechend sind meine Prothesen keine technologischen Produkte, sondern utopische Gebilde. Sie unterlaufen, als imaginative Kraft, den Vorrang des Kopfes gegenüber dem Bauch und bedingen somit eine Befreiung aus Korsett und Konzept Mensch. Nötig ist eine Neukombinatorik des Körpers, um sich mit der Welt neu zu verflechten und die Trennung von Denken und Fühlen und weiteren Dualismen zu überwinden. Die Neukombinatorik des Körpers mündet deshalb auch nicht in Erweiterungen, sondern in Weitungen.

Ich strebe mit meinen Prothesen und durch diese Neukombinatorik des Körpers ein anderes In-der-Welt-Sein und eine neue Körperhaltung an. Denn die Körperhaltung, und die Festlegung darauf, ist ja auch eine Haltung zur Welt. Bei uns heißt das: Kopf oben, Bauch unten. Beim Vampyroteuthis infernalis, dem Vampirtintenfisch, von dem Vilém Flusser

(Vampyrotheutis Infernalis, Vilém Flusser , Luis Beck)schreibt, ist die Haltung polar zu unserer: Bauch oben, Kopf unten. Das ändert viel.

Die abendländische Sicht konstruiert den Körper als ein von der Seele getrenntes Ding, über das nach Belieben verfügt werden kann. Das schreibt sich auch in die Prothese ein und mit ihr fort. Die Prothese und ihre Technik produzieren einen Körper, der sich von seiner Umwelt und Mitwelt trennt. Dies führt zu den geläufigen Dualismen wie Leib/Seele, Subjekt/Objekt, Kultur/Natur, Mensch/Tier, Mann/Frau, und den damit verbundenen Hierarchien. Als rationales Fortschrittswesen werten wir weniger rationale Körper ab. Einen Fühler, der tastend und durch Nähe seine Umwelt begreift, bewerten wir weniger fortschrittlich als ein Auge, das aus Distanz erkennt.

Da die Prothese einem Mangel abhelfen soll, stellt sich die Frage nach der speziellen Art des Mangels. Brauchen wir die Prothese speziell für Optimierungen? Liegt der Mangel nicht eher in fehlendem sozialem Miteinander?

Meine Prothesen sind ein Gegenentwurf zum Optimierungsmodell. Meine Mückengymnastik ist keine Kraftgymnastik, sie führt zu einem Kleinwerden, einem Zartwerden, einem Zerbrechlichwerden, einem Verletzlichwerden. Meine Prothesen stolpern, verlangsamen und verkomplizieren. Sie sind freundlich, aber auch widerständig. Sie zerstören, lachen, schreien, weinen und scheitern. Sie sind zart, klein, hilflos, dann auch wieder groß und gewaltig.

Und, sie präferieren einen Fühler für ein Auge.